Zwangsarbeit der ungarischen Wirtschaftselite in
den Planungsb"uros von Himmler
Prof. Dr. J.A. Makowsky, Z"urich und Haifa
1.
In der endlich aufgeflammten Diskussion um Zwangsarbeit
im Nazideutschland denkt man meist an geschundene Menschen, die
zur schweren und eint\"onigen manuellen Industriearbeit gezwungen werden,
im Hoch- und Tiefbau, in Stein\-br\"uchen, in Waffen- und Textilfabriken.
Diese letztlich fast zu Tode verurteilten Sklaven dienten als
Wegwerfarbeiter in einem System, das die Wegwerfgesellschaft
in seinen unmenschlichsten Aspekten vorweggenommen hat.
Man kennt die Bilder der geschundenen Arbeitskolonnen,
aber bis anhin hat man gerne vergessen,
dass die Zwangsarbeit in den Konzentrationslagern vor dem endg\"ultigen
Ausbruch der Vernichtungswut
die eigentliche Existenzgrundlage dieser Lager war.
Dass man erst heute die \"Uberlebenden entsch\"adigt, und sich
lange vorwiegend f\"ur die Toten interessiert hat, geh\"ort zu
den Absurdit\"aten der \"Uberlieferungsgeschichte, ob sie nun von den
Opfern oder Nachgeborenen erz\"ahlt wird.
Angesichts der \"uberw\"altigenden Zahl von Toten fiel es den \"Uberlebenden
schwer, ihre \"Uberlebens\-geschicht zu erz\"ahlen.
Man hat das \"Uberleben entweder als Dem\"utigung erlebt, wobei einem
eine als unverdient empfundene Gnade zu teil geworden ist, oder
als Erfolgserlebnis einer \"Uberlebens\-strategie, das man aber als
solches nur unter seinesgleichen weitererz\"ahlen durfte.
Im Diskurs der Holocausterz\"ahlung hat die \"Uberlebens\-geschichte
immer den Beigeschmack von kompromittierender Kooperation.
Dabei geh\"ort es zu den j\"udischen Grundwerten, auch das eigene Leben
zu bewahren, wenn dabei weder ein Verrat des einzigen Gottes, noch
ein Mord an anderen gefordert wird. In den \"Uberlebens\-geschichten,
die ich in meiner Kindheit in meiner Familie geh\"ort habe,
wurde auch mit Stolz von einer wundersch\"onen Frau erz\"ahlt, die
ihre weiblichen Reize, dieses wunderbare Geschenk Gottes,
zum \"Uberleben eingesetzt hatte, ob als Zwangsarbeiterin oder
sozusagen als "Freiwillige" ist hier nicht relevant.
Die Alternativen waren alle schlimmer.
Niemand kam auf die Idee, sie als Nazihure
zu brandmarken, schliesslich hatte sie \"uberlebt und damit
ihren kleinen per\-s\"onlichen Sieg \"uber ihre Sch\"an\-der davongetragen.
Sie geh\"orte zum Freundeskreis meiner Eltern und schien
gl\"ucklich verheiratet. Sie war geachtet und erschien immer
sch\"on, elegant und stolz. Sie hatte ich nie davon sprechen
geh\"ort, aber wenn die Geschichte von anderen
erz\"ahlt wurde, dann immer voller Bewunderung f\"ur den Mut, den sie
zum \"uberleben gebraucht hatte.
Sie hatte ihre Sch\"onheit und Selbstbewusstsein, andere waren reich, geschickt oder begabt.
Das \"Uberleben war meist nicht nur, aber auch Gl\"ucksache. Doch
Unternehmens\-bereitschaft und das realistische Einsch\"atzen-
k\"onnen der gegebenen M\"oglichkeiten waren unbestreitbar
von Vorteil und brachten mehr als die pathetische Aktionen,
wie der Fallschirmabsprung zionistischer Jugendlicher, unter ihnen
die Dichtering Hanna Szenes, \"uber Budapest.
2.
Die \"Uberlieferung der Ereignisse in Ungarn nach der Besetzung
durch die Armee des 1000-j\"ahrigen Reiches im M\"arz 1944 wird st\"orend
dominiert von zwei \"Uber\-lebens\-geschichten: Die der Familie
von Baron Weiss, der sich, so die \"ubliche Lesart,
durch die Vermittlung Bechers und
mit speziellem Einverst\"andnis Himmlers
mit Kindern, Kegeln und Verm\"ogen in die Schweiz und nach Portugal
absetzen konnte; und die Geschichte um den
Lastwagen--f\"ur--Juden--Handel, indem eben auch Becher, und dann Eichmann
auf Deut\-scher Seite, und Kastner, Brand und Hanna Szenesz eine Rolle spielten.
Beide Geschichten erregen noch heute die Gem\"uter in Israel, in Ungarn
und auch sonst, derart, dass man beim Erz\"ahlen Gefahr l\"auft,
in Handgreiflichkeiten verwickelt zu werden.
Die Familie des Baron Weiss wird meist angeklagt, nur f\"ur ihre
eigenen Interessen gehandelt zu haben. Die heute noch lebenden
Familienmitglieder schweigen auch, was ihnen von
den Historikern, und denen, die sich gerne moralisierend dazu aufspielen,
nicht g\"unstig angerechnet wird.
Die Diskussion um Kastner und die Rolle der Zionisten beim Retten
der Juden Ungarns verliert sich meist in den Details ob drei tausend
oder zehn tausend Juden von ihnen gerettet wurden.
Dass aber 150 000 \"uberleben konnten hatte andere Gr\"unde.
Diese \"Uberlebenden waren keine Zionisten, sondern entweder
Kommunisten oder organisierte Antifaschisten, oder sie geh\"orten
zum Umfeld der Gross\-bourgeoisie. Denn nur diese Gruppen verf\"ugten
\"uber die sozialen Auffangstrukturen, die das \"Uberleben im grossen
Stile erst erm\"oglichte. Die Geschichte der Linken Solidarit\"at
ist im wesentlichen bekannt.
Die Geschichte der j\"udischen Wirtschaftselite
Ungarns dagegen ist wenig bekannt und noch nicht solide
recherchiert.
3.
Die \"Uberlebens\-geschichte meiner Mutter und ihrer Eltern
beispielsweise ist
nicht heroisch im \"ublichen Sinne,
aber vielleicht f\"ur die heutige Diskussion um Zwangs\-arbeit
im Nazideutschland umso interessanter.
Sie betrifft ein noch nicht
aufgearbeitetes Kapitel der Wirtschaftsgeschichte Ungarns und
Deutschlands, n\"amlich die Verwendung der fast gesamten j\"udischen
Wirtschaftselite Ungarns als Zwangarbeiter in der Wirtschaftsplanung
f\"ur den Wiederaufbau Deutschlands nach der von den Nazitechnokraten
schon 1943 antizipierten Niederlage des Hitlerregimes.
Ich bin im Besitz diverser Dokumente,
u.a. Taschenkalender
und Briefe meines Grossvaters A. Deutsch
(interniert erst im Hotel Mirabel auf dem Schwabenberg in
Budapest, dann in Oberlanzendorf bei Wien, dann in Berlin)
darunter auch sein gesamter Briefwechsel mit
meiner Mutter (interniert in Kistarcsa, sp\"ater frei
im belagerten Budapest),
die Teile dieser Familien\-geschichte
belegen, und w\"urde diese auch gerne
einem Historiker zur Verf\"ugung zu stellen, der
diese Ereignisse erforschen m\"ochte.
Mein Grossvater m\"utterlicherseits
Alexander Deutsch, wurde im Oktober 1944 von Budapest
via Wien nach Berlin deportiert und im Mai 1945 von der Roten Armee
befreit. In diesen sieben Monaten war er interniert und arbeitete
an Projekten zu eben diesem wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands.
Im Juni 1945 kehrte er nach Budapest zur\"uck und nahm
seinen Posten als Generaldirektor der
{\em HUNGARIA--Chemie und H\"uttenwerke} wieder auf.
Er sprach wenig dar\"uber, und als die ersten Diskussionen um
Wiedergutmachungszahlungen aufkamen, wollte er auf keinen Fall
welche in Anspruch nehmen. In einem Entnazifizierungsprozess
im Umfeld des Ober\-sturm\-band\-f\"uhrers Kurt Bechers soll er
zu Gunsten eines Angeklagten ausgesagt
haben, der ihn durch diese Internierung das Leben gerettet hatte.
Dieser war
ein Herr Behmann, Deutscher Delegierter beim Europ\"aischen
Leimkartell EPIDOS. Sandor Deutsch war der Ungarische Delegierte
bei eben diesem Kartell und kannte Herrn Behmann schon lange.
Es war Behmann's Intervention, die die \"Uberf\"uhrung
Sandor Deutsch's von Oberlanzendorf nach Berlin erm\"oglichte.
Mit Behmann blieb er in freundlicher Beziehung und traf ihn mehrmals
in Z\"urich, einmal im Beisein seines Sohnes, Dr. Denes Deutsch,
von dem ich die Details habe.
4.
Viele assimilierte ungarische Juden waren ungarische Patrioten,
wenn nicht Ungarnchauvinisten. Sie tr\"aumten von der Widerherstellung
des Grossungarn der Doppelmonarchie und empfanden die Vertr\"age von
Trianon nach dem ersten Weltkrieg als Dem\"utigung. Sie hatten
prim\"ar Angst vor den antisemitischen Populisten und ihren Horden.
Darin waren sie sich einig. Ihre Zersplitterung in Monarchisten,
Liberale, Sozialisten und Kommunisten entsprach
dann ihren pers\"onlichen
Erfolgsstrategien. Alexander Deutsch,
mein m\"utterlicher Grossvater,
geboren 1887 in Tirnau, damals in Oberungarn, heute in der Slovakei,
stammte aus wohlhabender Familie und
stieg im ersten Weltkrieg zum bedeutensten Jungunternehmer Ungarns auf.
Er herrschte bald \"uber ein Imperium von Industrie\-unternehmen,
die dann 1928 zur
{\em HUNGARIA--Chemie und H\"uttenwerke} fusioniert wurden, deren
Generaldirektor er konsequenterweise wurde und bis 1948 blieb.
Trotz betreiben meiner Grossmutter sah er in der Emigration keine sinnvolle
Option. Er sah sich als St\"utze der ungarischen Gesellschaft und war als
solche auch anerkannt.
1922-1927 war er als Handelsrat Mitglied der
Ungarischen Handelsstatistischen Wertfestsetzungskommission.
Obwohl er Jude war, hatte er diese Funktion auch von 1940-1942 wieder
inne. In einer f\"ur die Schweizer Fremdenpolizei 1950 verfassten Vita
schrieb er:
Unter meiner F\"urung erlebte die HUNGARIA einen grossen Aufschwung.
1944 besch\"aftigte sie 7000 Arbeiter und 300 Angestellte,
darunter 15 Direktoren und 10 Prokuristen. Sie war der gr\"osste
und der f\"uhrende [ungarische] Chemische Konzern mit beachtlicher Bedeutung
auch im Gesamteurop\"aischen Bereich. Neben sieben Fabriken, Werkst\"atten
und Grubenbetrieben in Ungarn hatten wir f\"unf weitere Fabriken in Rum\"anien,
zwei in Jugoslavien und weitere zwei in der Tschechoslovakei. Ferner hatten
wir Blei- und Zinkminen in Bulgarien und Handelsbanken in Triest,
Paris und Amsterdam.
Unsere internationalen Aktivit\"aten hatten uns einen guten Ruf verschafft
und wir genossen internationales Vertrauen.
Ich kann sagen, dass das alles zum grossen Teil mein Verdienst gewesen ist.
Alexander Deutsch hatte sich mit dem Horty Regime arrangiert und Ende 1943
schien der Krieg in Ungarn dem Ende nahe und die geheimen Verhandlungen
mit den Westm\"achten um
einen Sonderfrieden waren aufgenommen, w\"ahrend die Schweiz
noch von den Achsenm\"achten umzingelt war.
Sein Sohn studierte seit 1939 in Z\"urich an der ETH
Chemie und seine Tochter (meine Mutter) stand kurz vor einer Heirat, die sowohl
ihre romantischen Gef\"uhle, als auch die v\"aterlichen Gesch\"afts\-interessen
befriedigen sollte. Doch dann kam alles ganz anders.
5.
Am 19. M\"arz 1944 wurde Budapest von den Deutschen besetzt und
am 23. M\"arz wurden ca. 250 f\"uhrende j\"udische Industrielle
von der GESTAPO
verhaftet und auf dem Schwabenberg in Budapest in den ihnen
weggenommenen Villen interniert.
Darunter befand sich auch die ganze
m\"annliche Familie des Baron Weiss und deren Gesch\"aftsfreunde,
und
eben auch mein Grossvater, A. Deutsch.
Meine Grossmutter, meine Mutter
und ihr Verlobter wurden, wie viele der weniger prominenten Familienmitglieder,
gleichzeitig im Lager Kistarcsa interniert.
Im Mai 1944 kam Obersturmbandf\"uhrer Kurt Becher nach Budapest
und wurde in der Villa von Baron Weiss untergebracht.
Er fand die Unt\"atigkeit der von der GESTAPO internierten
Industriellen sinnlos und suchte mit seinen Mitarbeitern
nach produktiverer Verwendung dieses Menschenmaterials.
Da Weiss bereit war, ihm seinen Aktienteil seines Imperiums
(Waffen, Stahl, Maschinen, etc) zu \"uberschreiben, kam
der ber\"uhmt-ber\"uchtigte Handel zu Stande.
Aber auf Weiss' Vermittlung konnten auch die anderen ihre
F\"uhrungsaufgaben in ihren Betrieben wieder aufnehmen, allerdings
weiterhin als Gefangene der GESTAPO.
Meine Mutter wurde am 7. August entlassen. Ihr Vater zahlte
eine enorme Kaution (oder Bestechungsgeld)
und verblieb selbst in Gefangenschaft.
Am 27. September wurde meine Grossmutter entlassen, nachdem
der Premierminister Lakatos in einem ber\"uhmten Erlass
die Judengesetze f\"ur besonders wichtige
Juden, darunter auch
A. Deutsch, seine Frau und seine zwei Kinder, ausser Kraft gesetzt hatte.
Nach Szalasi's Coup wurde A. Deutsch mit etwa dreissig anderen
j\"udischen Industriellen
ins Lager Oberlenzendorf bei Wien verschleppt und vom
30. Oktober bis zum 20. November dort festgehalten.
Das inzwischen von Consul Lutz f\"ur die Deutschs
ausgestellte Einreisevisum in die Schweiz
wurde damit nutzlos, da man A. Deutsch als Geisel hielt.
Meine Mutter musste t\"aglich im Hotel Astoria in Budapest,
dem Hauptquartier der GESTAPO,
zum Rapport erscheinen, um das Leben des Vaters zu garantieren.
Umgekehrt wurde ihr Vater zur Kollaboration erpresst, da man ihm
nur so garantieren wollte, dass weder seine Frau noch seine Tochter
nach Auschwitz deportiert w\"urden. Ich denke, den anderen Industriellen
ging es \"ahnlich.
Von Oberlenzendorf wurden die zur Kollaboration erpressten
Industriellen nach Berlin gebracht um dort
als mehr recht als schlecht
gehaltene Zwangsarbeiter
an der Wirtschaftsplanung mitzuarbeiten. In welcher der
m\"oglichen Gruppen um Himmler oder im Umfeld der
Chemieindustrie,
m\"oglicherweise bei Schering,
weiss ich nicht. Der sp\"atere Bundeskanzler
Erhart hat eine solche Studiengruppe geleitet, aber es gab auch andere.
Es ist zu vermuten, dass die so erarbeiteten Wirtschaftsprojekte
sp\"ater im Marshall Plan Verwendung gefunden haben.
6.
Jacob (Eugen) Markovits, mein v\"aterlicher Grossvater,
geboren 1899 in Grosswardein in Transilvanien, wurde 1919, weil er
als Jude wegen des Numerus clausus nicht studieren konnte, Mitglied der
Kommunistiischen Partei Ungarns und blieb ihr auch nach deren Verbot als
Mitglied treu.
Nach den Trianon Vertr\"agen wurde Grosswardein das Rum\"anische Oradea,
dann 1940 wieder das ungarische Nagyvarad.
Zu diesem Zeitpunkt war Markovits und auch sein Sohn (mein Vater) unter dem
magyarisierten Namen Andras Majtenyi
aktive Mitglieder Antifaschistischer Zellen
die unter dem Kommando von J. Kadar und G. Peter agierten. 1943 wurde
Markovits verhaftet und 1944 wieder befreit. Nach Szalasi's Coup versteckte er
sich mit meinem Vater, auf Geheiss der Partei, in einem Irrenhaus in Budapest,
wo meine Grossmutter als Krankenschwester arbeitete.
Nach der Befreiung, von 1945 bis 1948 wurde Kadar Parteisekret\"ar
von Grossbudapest und Z. Vas war B\"urgermeister. G. Peter wurde
Chef der politischen Polizei AVO. J. Markovits geh\"orte
zu deren innerster Kreis und war verantwortlich f\"ur diverse
Wirtschaftfragen, insbesondere auch die Verstaatlichung grosser
industrieller Betriebe. 1948 war er, laut einer Vita meines Vaters,
geschrieben 1956 f\"ur die franz\"osische Fremdenpolizei, Generaldirektor der
Ungarischen Zentralbank. Wurde die HUNGARIA von ihm mit Zustimmung
der Mehrheit der Aktion\"are verstaatlicht, was einer feindlichen \"Ubernahme
gleichkam.
Alexander Deutsch hatte die Interessen der westlichen Aktion\"are vertreten,
vor allem der Belgischen Solvay, und war unterlegen. Man wollte ihn trotzdem
als Generaldirektor behalten, aber er kehrte 1948, auf Gesch\"aftsreise
in der Schweiz, nicht nach Budapest zur\"uck.
Er bekam Asyl in der Schweiz und meine Mutter folgte, nach der
Scheidung von meinem Vater, 1949 mit mir nach.
Markovits wurde, trotz politischer R\"uckschl\"age,
ein erfolgreicher kommunistischer Industrie\-f\"uhrer
und leitete ab 1953 die MONIMPEX als gewinnbringendes Unternehmen
und revolutionierte dann 1964 die ungarische Modeindustrie,
die er bis zu seinem Tode 1971 leitete.
Mein Vater arbeitete erst in der AVO und dann im Ministerium
f\"ur Aussenhandel, wo er massgeblich den ersten ungarisch--rum\"anischen
Wirtschaftsvertrag, unterzeichnet im Januar 1948, vorbereiten half.
Er landete 1953, zu Ende der stalinistischen
S\"auberungen, wegen suspekter Kontakte mit
ausl\"andischen Elementen, im Gef\"angnis, und nur
Stalin's Tod verhinderte das Schlimmste. 1955 wurde begnadigt und setzte sich
1956 nach Frankreich ab, wo er 1978 starb.
7.
Das hier erz\"ahlte habe ich in den letzten zehn Jahren
aus den geerbten Familiendokumenten und teils geschriebenen,
teils auf Band aufgenommenen Erinnerungen rekonstruiert.
Inzwischen sind alle hier erw\"ahnten Protagonisten tot.
Die solide recherchierte Geschichte hinter meinen Geschichten
aber
muss allerdings erst noch geschrieben werden.
Grossvater Deutsch hat seine unmittelbaren Verwandten mit seinem
Agieren (und viel Gl\"uck) retten k\"onnen.
Er brauchte dazu seine industrielle
und unternehmerische Begabung und Fantasie. Er hat es Gott gedankt.
Weder er noch seine Frau und Kinder
sch\"amten
sich f\"urs \"Uberleben, aber sie waren sich der vielen ambivalenten Aspekte
des \"Uberlebens bewusst. Trotzdem sind
einige, auch nahe Verwandte ins Gas gegangen. Die Umst\"ande waren
nicht allen so g\"unstig gesinnt.
Aber wir schulden nicht nur den Toten die Wahrheit, sondern auch denen,
die es gewagt haben, zu \"uberleben.
Grossvater Markovits hat sein organisatorisches Talent erfolgreich
eingesetzt. Als Kommunist war er sp\"ater entt\"auscht.
Aber es waren nicht ideologische sondern praktische Gr\"unde.
Er hasste den \"okonomischen Dilettantismus der Funktion\"are
und eine Gesellschaft, in der die Frauen sich nicht elegant kleiden
durften. Er hat beides in seinem Ungarn erfolgreich \"uberwunden.
Keiner von ihnen, auch nicht ihre Frauen und Kinder, sch\"amten
sich f\"urs \"Uberleben, aber sie waren sich der vielen ambivalenten Aspekte
des \"Uberlebens bewusst. Trotzdem sind
in beiden Familien viele ins Gas gegangen. Die Umst\"ande waren
nicht allen so g\"unstig gesinnt.
Aber die Unternehmer und Revolution\"are hatten die besten
\"Uberlebenschancen und haben in diesem Fall auch \"uberlebt.